Vielleicht muss man wie ich Science-Fiction-Fan sein, um dieses Sachbuch über aktuelle technische Entwicklungen mit einer euphorischen Haltung lesen zu können. Klaus Schwab, der Vorsitzende des Weltwirtschaftsforums, gibt in „Die Vierte Industrielle Revolution“ einen Überblick über die Veränderungen, welche Fortschritte auf Gebieten wie Künstliche Intelligenz, Robotik, 3D-Druck, selbstfahrende Autos, Internet der Dinge, Big Data, aber etwa auch Genetik und Biotechnologie möglicherweise haben werden.

Das Beste an diesem Buch ist der holistische Ansatz: Der gelungene Blick aufs Ganze hat mir ein paar interessante Einsichten ermöglicht. Der Autor geht nicht in die Tiefe, für mich war wenig Neues dabei. Stattdessen unternimmt Klaus Schwab den Versuch, das Wichtigste von allem, was in den nächsten Jahren auf uns zukommt, allgemein verständlich zu präsentieren. „Die Vierte Industrielle Revolution“ ist ein 240-Seiten-Briefing für Entscheidungsträger in allen Bereichen.
Zukunft passiert nicht, sie wird gestaltet
Durch das Buch zieht sich der Appell, gemeinsam mit Herz und Verstand dafür zu sorgen, dass die gewaltigen Umwälzungen zu positiven Veränderungen führen. Um das zu gewährleisten, braucht es nach Ansicht des Autors das Bewusstsein für und die nötige Einsicht in zum Teil mit hohem Tempo voranschreitende Entwicklungen. Problematisch sei, dass die heutigen Strukturen in Staat und Wirtschaft nicht auf eine angemessen schnelle Reaktion vorbereitet seien.
Das ist sicher richtig, aber mit Blick auf die vom Autor selbst an mehreren Stellen betonten größeren Einflussmöglichkeiten von Einzelpersonen und Gruppen sollten wir nicht unterschätzen, dass es an einem gesamtgesellschaftlichen Bewusstsein dafür fehlt, dass das Leben, das wir kennen, bald vorbei sein wird. Nicht mit einem Ruck, aber doch so schnell, dass weite Teile der Bevölkerung bald das Gefühl haben könnten, zurückgelassen worden zu sein.
Immer schneller und schneller
Die Zeiten der kaum merklichen Veränderungen sind Geschichte. Wesentliche Veränderungen verlaufen nicht mehr über Generationen, man kann sich nicht mehr von allein und nebenbei daran gewöhnen. Ich denke, das ist bereits seit der Jahrtausendwende so. Aber was wir in den letzten ein bis zwei Jahrzehnten erlebt haben, war noch gar nichts! In Zukunft passiert das sehr viel schneller.
Neben der Geschwindigkeit stellt Klaus Schwab auf das Ausmaß der Veränderungen ab. Mir fällt dazu das Aristoteles-Zitat „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ ein, denn bereits für sich alleine bergen manche aktuelle Entwicklungen enorme Sprengkraft – umso mehr in der Summe! Doch wir dürfen die Wechselwirkungen nicht übersehen. Spätestens an diesem Punkt wird hoffentlich klar, dass in der menschlichen Zivilisation in diesem Jahrhundert kaum ein Stein auf dem anderen bleiben wird.
Was passiert wann?
Klaus Schwab zeichnet kein spezifisches Szenario unserer Zukunft. Das wäre in seriöser Form auch gar nicht möglich, man müsste zumindest eine ganze Reihe von alternativen Szenarien entwerfen, aber dann wäre „Die Vierte Industrielle Revolution“ nicht mehr der erfrischend knapp gehaltene Einstieg ins Thema, der er ist.
Dennoch wird nicht komplett auf den sprichwörtlichen Blick in die Kristallkugel verzichtet. Im Anhang, der einen wesentlichen Teil des Gesamtwerks einnimmt, werden zu nicht ganz zwei Dutzend der erwarteten tiefgreifenden Veränderungen die Ergebnisse einer Umfrage des Global Agenda Council des Weltwirtschaftsforums zur Zukunft von Software und Gesellschaft unter 800 Führungskräften dargestellt. Dabei geht es jeweils zunächst darum, welcher Prozentsatz der Befragten annimmt, dass bis zum Jahr 2025 der entscheidende Wendepunkt bereits erfolgt sein wird.
Auf eine mehr oder weniger lange (aber insgesamt immer kompakt gehaltene) Erläuterung folgt eine Auflistung der jeweiligen positiven und negativen sowie weiteren Effekte der behandelten Umwälzung. Schließlich werden praktische Anwendungsbeispiele gegeben. Falls jemand von Euch Inspiration für eine Science-Fiction-Geschichte sucht, gibt es im Anhang eine Fülle davon. Aber lasst Euch nicht lange Zeit damit, bereits morgen könnte Euch die Realität einholen!
Da ich hier nicht den Anspruch verfolgt habe, eine umfassende Rezension über „Die Vierte Industrielle Revolution“ zu schreiben, gebe ich Euch abschließend drei Links:
Rezension bei Spektrum der Wissenschaft
Beitrag im Deutschlandfunk (zum Lesen und Anhören)
Buchvorstellung bei NDR Info (nur zum Lesen)
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